I de Schwiiz wohne

Angesichts des hohen Wohnstandards in der Schweiz vergisst man allzu leicht, wie die Wohnsituation in der Schweiz noch vor wenigen Jahrzehnten ausgesehen hat. Wir alle leiden unter hohen Mietkosten, ohne zu berücksichtigen, wie stark sich der Wohnkomfort und auch der Anspruch an mehr Wohnfläche seither entwickelt hat. Ganz zu schweigen von immer komplexeren baurechtlichen Auflagen, Steuern und Abgaben, die die Bauten verteuern.

Auf der aus der Universität Zürich heraus neu lancierten Website www.meet-my-life.net kann jedermann seine Lebensgeschichte aufschreiben und gleich auch publizieren. Inzwischen benutzen bereits rund 60 Autoren/-innen dieses Angebot, und laufend werden es mehr. Zu diesen autobiographischen Aufzeichnungen gehören auch Erinnerungen, wie man in den Jahrzehnten nach Kriegsende in der Schweiz gewohnt hat.

So berichtet zum Beispiel Roland Seeholzer (Jahrgang 1947) aus seiner Jugendzeit in Wald ZH:

„Wir hatten im Erdgeschoss eine separate Küche mit einem Gas-Kochherd, Abwaschtrog mit fliessendem Kaltwasser, einen Küchentisch, eine Bank und ein Gestell und dem Ofenloch …. hier hatte auch jeder einen Becher mit Zahnbürste und Waschlappen.

.. ein Wohnraum mit Kachelofen und dem Esstisch mit einem Bank und etwa 4 Stuehlen… über dem Kachelofen war eine Klappe, die im Winter geöffnet wurde und das Elternzimmer wärmte … im Ofenrohr wärmten die „Chriesiäcke“ für uns Kinder, die wir ins Bett mitnahmen.

Andreas Birchler (1946) schildert mehr die emotionale Seite und Ängste, die die damaligen Wohnverhältnisse auslösen konnten:

„In Greppen wohnten wir zuerst in einem alten Holz-Miethaus, wo kein Wasser und WC im Haus waren. Es war so eine Art Dependance-Haus des Bauern, der unser Vermieter war. Einseitig war ein ebenso mehrstöckig ein Schuppen des Bauern angebaut, wo nach Gerüchten ein rothaariger Landstreicher ab und zu gewohnt habe. Diese Figur wurde als unheimlich und gefährlich besonders für die Kinder hingestellt und teils auch als „wenn du nicht spurst, dann holt dich der Rothaarige….“

„Die Schlafzimmer der Kinder waren im 2. Stock und da war eine Verbindungstüre zum angebauten Schuppen mit Schloss. Daraus entstanden besonders nachts starke Ängste bei den Kindern vor allem bei mir als Jüngster. Dazu produzierte das ständige Knarren des alten Holzhauses die richtige Stimmung um die Ängste zu steigern.“

Peter Huwiler (1951) wiederum erinnert sich an die damaligen Badesitten:

„Da der Warmwasser-Vorrat jeweils sehr beschränkt war und der Boiler mit dem heissen Wasser sofort leer, wurde nur samstags nach den Pfadfinder-Uebungen gebadet und zwar im selben Badewasser: zuerst der Vater, dann wir zwei Buben. So war unser Badewasser immer nur lauwarm und der Schaum schon arg aufgelöst, diese Baderei begleitete mich bis zum Auszug aus der elterlichen Wohnung. So kommt mir noch heute ein heisses Schaumbad nur für mich alleine wie ein wahrer Luxus vor.“

Von fast schon überdurchschnittlichem „Wohnkomfort“ im Jahre 1945 nach dem elterlichen Umzug ins „Konsumhaus“ in Root berichtet Hans Arnold (1937):

„Allerdings hatte diese Konsumhauswohnung ein eigenes WC mit Lavabo und in zwei, nicht nur in einem Zimmer einen Holzofen, die jeweils beim Einfeuern mächtig rauchten bei dem kurzen Kamin unter dem Dach. Mein Auftauchen in der Stadt hat man vermutlich jeweils riechen können, insbesondere zur Winterzeit.“

Von der für die damalige Zeit normalen Küchenausstattung berichtet der bekannte Unternehmer Walter Fust (1941). Kein Wunder, wurde er später zum grössten Waschmaschinenverkäufer der Schweiz:

In der Küche standen zu dieser Zeit normalerweise ein Elektro- oder ein Gasherd. Kühlschränke fehlten gänzlich. Einbauküchen gab es nicht, man hatte ein Küchenbuffet. Gewaschen wurde in der Regel monatlich einmal. Waschmaschinen gab es wohl, sie waren aber eher die Ausnahme. Gewaschen wurde in einem so genannten Waschherd, in welchem man die Wäsche kochte und dann mechanisch von Hand bearbeitete.

meet-my-life.net macht es sich zur Aufgabe, solche Erinnerungen – nicht nur übers Wohnen – als verschriftlichte „Oral History“ festzuhalten und der Nachwelt zu überliefern. Geschrieben wird ganz einfach in einer Art Interview mit sich selbst. Man braucht sich also keine Gedanken über den Aufbau seiner Lebensgeschichte zu machen. Allerdings ist es auch möglich, bereits Geschriebenes in einer eigenen Struktur zu übernehmen. Oder auch vorerst in einer „Privacy Option“ zu schreiben, d. h. seine Lebensgeschichte vorerst noch nicht zu publizieren.

>> Website Meet My Life

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