Die Vorstellung klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Zähne, die sich von selbst regenerieren – ganz ohne Bohrer, Füllungen oder Zahnarzttermine. Doch ein Blick in die aktuelle Forschung und in die menschliche Biologie zeigt: An dieser Vision ist durchaus etwas Wahres dran. Zwar können sich tief zerstörte Zähne nicht vollständig neu bilden, doch kleinere Defekte im Zahnschmelz und beginnende Karies lassen sich mit gezielter Ernährung und richtiger Pflege tatsächlich stoppen – und zum Teil sogar rückgängig machen.
Der Zahnschmelz lebt – und braucht Mineralien
Zahnschmelz besteht aus winzigen Kristallen, hauptsächlich Hydroxylapatit, einem Kalziumphosphat. Anders als Knochen enthält Zahnschmelz jedoch keine lebenden Zellen. Ist er einmal durch Karies oder Säuren geschädigt, kann der Körper ihn nicht aktiv reparieren – aber er kann den Prozess der Demineralisierung verlangsamen oder sogar umkehren.
Entscheidend ist dabei das Verhältnis zwischen Demineralisierung und Remineralisierung. Wenn ständig Zucker und Säuren auf die Zähne einwirken – etwa durch süße Getränke, Fruchtsäfte oder häufige Snacks – entziehen sie dem Zahnschmelz Mineralien. Gibt man dem Körper jedoch die richtigen Bausteine, kann er in Phasen ohne Säureeinwirkung diese Mineralien wieder einlagern. Die Speichelproduktion spielt dabei eine zentrale Rolle: Er liefert Kalzium, Phosphat und bei fluoridhaltiger Zahnpasta auch Fluorid – alles Stoffe, die der Zahn zum „Heilen“ braucht.
Was gehört auf den Teller?
Die Ernährung beeinflusst also direkt, wie gut unsere Zähne sich selbst schützen können. Besonders wichtig sind:
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Vitamin D: Ohne Vitamin D kann der Körper Kalzium nicht effizient aufnehmen. Sonnenlicht ist die beste Quelle, doch auch Fisch, Eier und angereicherte Lebensmittel liefern einen Beitrag.
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Kalzium und Phosphor: Milchprodukte, Brokkoli, Mandeln, Sesam und grünes Blattgemüse stärken Zähne und Knochen gleichermaßen.
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Vitamin K2: Dieses Vitamin sorgt dafür, dass Kalzium nicht in den Arterien, sondern in den Knochen und Zähnen landet. Natto (fermentierte Sojabohnen), Hartkäse und Leber sind gute Quellen.
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Magnesium: Ohne Magnesium funktioniert der Kalziumstoffwechsel nicht. Nüsse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte helfen hier weiter.
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Antioxidantien: Entzündungen im Mundraum können die Remineralisierung behindern. Beeren, grüner Tee, Kurkuma und dunkle Schokolade (in Maßen!) wirken entzündungshemmend.
Weniger ist mehr: Zucker und Säuren vermeiden
So wichtig Nährstoffe auch sind – ebenso entscheidend ist es, das Milieu im Mund nicht ständig zu stören. Häufige Zwischenmahlzeiten, gesüßte Getränke oder Fruchtsäfte senken den pH-Wert im Mund und fördern die Demineralisierung. Wer nur zu den Hauptmahlzeiten isst und zwischenzeitlich Wasser trinkt, gibt dem Speichel die nötige Zeit, den Zahnschmelz zu schützen.
Die Wissenschaft hinter der Selbstheilung
Studien belegen, dass beginnende Kariesläsionen – also die sogenannten „White Spots“ – durch Remineralisierung tatsächlich wieder verschwinden können. Fluorid spielt dabei eine unterstützende Rolle, weil es den Zahnschmelz härtet und Säuren neutralisiert. Doch auch ohne Fluorid kann eine zahnschmelzfreundliche Ernährung, verbunden mit guter Mundhygiene, kleine Schäden ausgleichen.
Ein neuer Blick auf Zahnmedizin?
Die Idee, Zähne könnten „von selbst“ heilen, ist kein Freifahrtschein für schlechte Hygiene oder zuckerreiche Ernährung. Doch sie eröffnet ein neues Verständnis für Prävention: Zähne sind keine passiven Opfer unserer Gewohnheiten, sondern können unter den richtigen Bedingungen erstaunlich widerstandsfähig sein. Ernährung, Speichel, Mikrobiom und Lebensstil spielen zusammen – und der Zahnarzt wird vielleicht mehr zum Coach als zum Reparateur.
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