John Dear hat zwei Köpfe, vier Arme und ein Herz, das den Rhythmus schlägt. John Dear sind Guillaume Wuhrmann an Bart, Stimme und Gitarre und Catia Bellini an Stirnfransen und Schlagzeug. John Dear ist nackter Rock. John Dear ist aber auch dieser Mittvierziger in bester Form, der sich in Angus Youngs’ Shorts stürzt und darin die USA durchquert, um einen Roman zu schreiben – nur wird sich niemals hilflos genug fühlen, um seine eigene Geschichte zu Ende zu bringen.
«John Dear is a motherfucker» – diese Zeilen gehören ab sofort in triefende Ironie getaucht. Denn John Dear ist ein prächtiger Vollidiot. Er ist einer von denen, der seine eigene Existenz immer wieder neu erfindet, und jedesmal mit loderndem Feuer in der Brust. Einer von denen, die so lieben, dass die Zeit rückwärts läuft. Er ist auch einer, den man sogar dafür bezahlen würde, dass er seine Frustration in billigem Bourbon aus dem Selbstbedienungsladen ertrinkt. Vielleicht, weil John Dear diese Mittvierziger-Krise genial verkörpert; diese typische Midlife-Crisis, wie man sie in der eigenen Nachbarschaft nie vorfinden würde.
Es ist eine absurd poetische, elektrisch aufgeladene und angespannte Krise, so, als würde man jemandem dabei zusehen, wie er mit seinen Bubenträumen die eigene Familie den Abfluss hinunterspült. In der Welt von John Dear verletzt der ausgemergelte Blues den Anstand in seinem massgeschneiderten Anzug mit einer Machete, und gleichzeitig schlagen Desperate Housewives irgendwelchen Lastwagenfahrern an der Jukebox Poesie um die Ohren. Ja, John Dear ist ein Vollidiot, dessen kantiger Rumpf Spuren in einer Epoche hinterlässt. Denn John Dear, Ladies and Gentlemen, ist eine Rockband.
Unter dem Bart eines Redneck versteckt sich das schallende Hirngespinst von Catia Bellini und Guillaume Wuhrmann. Sie sind zwei Untrennbare, die keine Zwanzig mehr zählen, die sich aber der Ewigkeit verschrieben haben, indem sie sich das Epos ihrer imaginären Antihelden erzählen. Nachdem sie mit Zorg auf allen Bühnen des Landes gespielt haben, luden sie ihren Kumpel John dazu ein, sich mit ihnen die Füsse zu verbrennen. Gemeinsam haben sie während einigen Jahren nun in einer kleinen gelben Bruchbude Gitarre und Schlagzeug verhext, die Black Keys, Jack White und ihre Nachfolger verinnerlicht, und ihre Zehen tief in den Classic Rock der 80er getaucht.
Und am Ende hier noch mein persönlicher Aufruf: Engagiert John Dear, bis jetzt kann ich auf seiner Website nur Tourdaten in der Welschschweiz finden!