Literaturfestival: Literarische Leichtigkeit und gehaltvoller Diskurs in Leukerbad

Das Internationale Literaturfestival Leukerbad verzeichnet mit rund 3’800 Eintritte während drei Tagen wiederum einen leichten Publikumszuwachs. Das Programm aus Lesungen und der «Perspektiven»-Gesprächsreihe war dicht und sehr international: Aus Europa, Asien, Nord- und Südamerika reisten 37 Autoren und Protagonisten ins Bäderdorf.

Leukerbad verwandelt sich im Sommer traditionell zur Begegnungsplattform für Autoren, Übersetzer, Literaturvermittler, Journalisten und Buchfreunde. Die Festivalleiter Hans Ruprecht und Anna Kulp ziehen eine sehr positive Bilanz. Insbesondere die «Perspektiven»- Gespräche, die aus finanziellen Gründen nicht so umfangreich wie geplant durchgeführt werden konnten, waren voll besetzt.

«Der Erfolg der Reihe gibt uns Recht, wir setzen alles daran für 2018 die nötigen Gelder aufzutreiben, um hier weiterarbeiten zu können.»

Literaturfestival Leukerbad
Zwei Schweizer Autoren im Gespräch: Jonas Lüscher und Lukas Bärfuss (Bild: Ali Ghandtschi)

Literatur-Feuerwerke von morgens bis abends

Programmleiter Hans Ruprecht schaffte es wieder, eine starke Autorenschar aus der ganzen Welt aufzubieten. So war aus Kurdistan Bachtyar Ali angereist, aus Frankreich überzeugte der lebhafte Azouz Begag – der französische Autor und Wirtschaftswissenschaftler bezeichnet das Internationale Literaturfestival Leukerbad als World Economic Forum der Literatur. Aus Deutschland kamen Chris Kraus, der mit seiner SS-Geschichte beeindruckte, und der charmante Tim Parks aus Grossbritannien. Sibylle Lewitscharoff und Monika Maron zogen das Publikum mit ihren Auftritten genauso in ihren Bann wie Liao Yiwu aus China und John Wray und Jeffrey Yang aus den USA. Als Vertreter der französischen Sprache traten Quentin Mouron und Marie-Jeanne Urech auf.

Literaturfestival Leukerbad
Franz Hohler während der Mitternachtslesung auf der Gemmi (Bild: Ali Ghandtschi)

Etablierte «Perspektiven»-Gespräche

Im Gespräch mit Bernd Stegemann fordert David van Reybrouck ein Moratorium für den schwammigen Begriff «Populismus» und liefert konkrete Vorschläge für ein besser funktionierendes Staatssystem. Stegemann machte deutlich, dass die Probleme Folge der schlechten Politik sind.

Robert Menasse, der sich intensiv mit der europäischen Politik auseinandergesetzt hat, kritisiert die Stimmbevölkerung: Die Problematik sei, dass Demokratie sich heute an einer Erfolgsbilanz messen lassen müsse und so verhindert werde, dass Entscheidungen, die beim Volk unbeliebt sind, durchgesetzt werden können. Die Gründe für die Probleme der EU sieht er nicht in Brüssel, sondern in den Mitgliedsstaaten.

Jonas Lüscher, der das Gespräch über «Kultur und Populismus» von Lukas Bärfuss und Robert Menasse moderierte, fasst zusammen: «Das grosse Interesse und Engagement des Publikums für dieses Thema zeigt, dass literarische Rezeption und politische Reflexion offenbar zusammengehören.»

Eindrückliche Dalaschlucht und geballte Lyrik

Am Freitag- wie auch am Samstagmorgen versammelten sich Literaturfreunde auf dem Dorfplatz, um gemeinsam durch die Dalaschlucht zu spazieren. Urs Mannhart und Nora Gomringer lasen umrahmt von Wiesen und dem Rauschen der Dala. Genauso wie der Dalaschlucht-Spaziergang ist auch die Lyrik ist ein zentraler Bestandteil des Literaturfestivals. Dass die Dichtkunst wichtig und kraftvoll ist, bewiesen die Schweizer Rolf Hermann und Levin Westermann, Anja Kampmann (Deutschland), Nikola Madzirov (Mazedonien), Jeffrey Yang (USA) und Serhij Zhadan (Ukraine) in der schmucken Umgebung
des Alten Bahnhofs.

Literaturfestival Leukerbad
Übersetzungskolloquium mit Urs Mannhart (Bild: Hartwig Klappert)

Die Leukerbadner Nächte

Die Nächte in Leukerbad sind kurz. Am Freitag verzückte Franz Hohler zusammen mit zwei Alphornbläsern auf der Gemmi bei der Mitternachtslesung. Am Samstag folgte mit dem Literarischen Abend eine Reise durch die Festivalliteraturen. Ein Dutzend verschiedene Autoren reichten mit kurzen, starken Auftritten auf der Bühne das Mikrofon von Hand zu Hand. Um den Literaturbegeisterten in der Alpentherme Platz zu machen, liess man wie jedes Jahr extra fürs Festival das Wasser ablaufen.

Literarische Wanderung light vor dem Festival

Nach einem gelungenen Festivalauftakt von Heiner Goebbels im Literaturhaus Zürich musste die Literarische Wanderung mit Rolf Hermann und Franz Hohler wegen des schlechten Wetters verkürzt werden. Anstelle der Wanderung von Sunnbüel (Kandersteg) nach Leukerbad wurde ein Spaziergang in Leuk abgehalten. Die Autoren Hermann und Hohler versorgten die Teilnehmenden mit bester Dichtkunst und Erzählungen.

Das 23. Internationale Literaturfestival Leukerbad findet vom 29. Juni bis 1. Juli 2018 statt.

Quellen

>> Medienmitteilung Literaturfestival
>> Webseite

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